Defilee der Fantasien: Show

Oktober 30, 2012

Das Defilee der Fantasien konnte nun endlich stattfinden. Sie erinnern sich: Als Defilee wurde eine Show bezeichnet, bei der Kinder um die zwölf Jahre der Zündelgutschule Schaffhausen selbst gefertigte Kostüme aus Papier, Karton, Hobelspänen, Luftpolsterfolie, Einkaufstüten und vielen weiteren schönen und noch verwertbaren Materialien präsentieren sollten. Eine Recyclingshow eben. Auf einem Laufsteg in einem schönen Industrieraum, der zum Museum zu Allerheiligen Schaffhausen gehört. Der Laufsteg und das Jurypodest waren aufgebaut. Auf die Jury mit dem Stadtpräsidenten Thomas Feurer, der Vize Miss Schweiz Julia Flückiger und einer bekannten Modefotografin warteten Bewertungsbogen. Die Presse war eingeladen. Der Fotograf stand bereit. Die Schulbusse, die die Kinder transportieren sollten, waren startklar. Und vor allem war das Publikum über kleine, aber feine Werbeaktivitäten neugierig gemacht worden. Flyer und Plakate in zielgruppenaffinen Restaurants und Szenentreffs wurden frühzeitig verteilt.

~Die Jury: Eine bekannte Modefotografin, Thomas Feurer, Julia Flückiger~

Eigentlich war alles in trockenen Tüchern und es konnte nichts mehr schief gehen, sofern man das bei Events mit Kindern behaupten kann. Trotzdem gab es Schwierigkeiten. Die wurden aber nicht durch die Kleinen verursacht, sondern von meiner so geliebten Jugendarbeit Schaffhausen. Ich hatte sie im Vorfeld gutgläubig einbinden wollen und sie sollten jetzt noch einige Arbeiten erledigen, die seit langem mit ihnen geplant waren. Es ist bei vermeintlichen Partnern so wie mit Fluggesellschaften. Hat man die falsche gewählt, kann man nicht mehr aussteigen. Vor allem beim Flug, hier drei Tage vor dem Event. Es gibt kurzfristig keine Alternativen mehr und man muss einfach durch. Ich will jetzt aber nicht über die teilweise absurden Schwierigkeiten berichten. Das interessiert nachträglich keinen und es ändert auch nichts. Ich erzähle lieber etwas über den beachtlichen Erfolg des Defilees der Fantasien.

~Das Publikum: Mehr als 220 Menschen~

Schon vor dem Beginn der Show war die Halle bis zum Bersten von Zuschauern gefüllt. Ich hatte 200 Neugierige erwartet und es waren weitaus mehr. Die Kinder, die wir mit ihren Kostümen durch einen Hintereingang des Museums an den Besuchern vorbei eingeschleusst hatten, waren natürlich etwas nervös. Grosses Publikum kennt man in diesem Alter nicht. Die Pädagogen von der Zündelgutschule waren aber auch hier überaus professionell. Es war wie vor jedem Auftritt bei einer Modenschau in Mailand, New York oder Paris. Jedes einzelne Kind wurde gecoacht, auf den Auftritt eingeschworen und kleine Transportfehler an den Kostümen wurden repariert. Dann wurde das erste Kostüm angekündigt. Mit Startnummer, Vornahme des Schöpfers und Titel des Kostüms. Die Musik, eigens für jeden Auftritt von meinem Freund Kim Wahl passend herausgesucht und abgespielt, verwandelte den Laufsteg in Magie. Benjamin, der Astronaut, bewegte sich zur Musik von „Major Tom“ ziemlich schwerelos über den Laufsteg. Er hatte sich in einer Vordiskussion bereit erklärt, den schwierigen Anfang zu machen. Spannend wurde es für mich bei Ipal, dem Roboter. Er war in den ganzen Workshops unglaublich übermotiviert und ich hatte Angst, dass er durch die schmalen Augenschlitze seines Kostüms aus Eierkartons nichts sehen konnte. Er wollte seinen Helm aber partout nicht verändern und der Titel „Wir sind Roboter“ von Kraftwerk hat ihm wohl ohne Absturz geholfen. Danach wurde ich ruhig. Ich wusste, die achtundzwanzig Kinder der Zündelgutschule würden es gut machen.

~Julia Flückiger mit der glücklichen Siegerin Flamenca~

Natürlich gab es durch das jeweilige Kostüm und den entsprechenden Auftritt Höhepunkte. Der Applaus der Zuschauer überschlug sich bisweilen. Da ich das Ganze moderierte, konnte ich auch die Reaktion der Jurymitglieder sehen. Nach den Workshops und meiner Sympathie für alle Kinder war ich froh, keine Entscheidung über die Platzierung fällen zu müssen. Lena, die Rokokodame, hätte ich in ihrem ausgestellten Kostüm aus Tortenpapier, über einen Hula-Hoop-Reifen gelegt, ganz vorne erwartet. Ebenso Joris, den Zeitungsreporter. Ganz in einem Kostüm aus Zeitungspapier. Sie waren auch in der Punkteauswertung der Jury ganz weit vorne. Den ersten Platz machte Muriel, die Flamenca. Sie war hinreißend und sie erzählte mir einmal bei der Befestigung einer Schleife aus Krepppapier, dass sie Ballettunterricht macht. Den zweiten Platz belegte Louise, das Fräulein Pünktchen. Den hat sie sich wahrlich verdient. Ich habe noch nie ein so konsequentes Kind mit Fantasie an Material arbeiten sehen. Es gab aber keine Verlierer. Vielleicht hatten die Mädchen in den Augen der Jury und des Publikums leichte Vorteile. Mich hat aber auch begeistert, wie engagiert die jungen Männer gearbeitet haben. Nix von „Modekram, nein danke“. Mode und Recycling hin oder her, es wächst eine kreative Generation heran. Es gab zwar für die ersten Plätze Warengutscheine, gespendet von Schaffhauser Unternehmen. Aber auch Trostpreise für alle, ebenfalls gespendet von Schaffhauser Unternehmen. Es gab keine Verlierer. Und das war mir wichtig. So sahen es auch die Pädagogen von der Zündlgutschule: „Das war für die Kinder ein gutes Erlebnis.“

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~Die Kostüme der Show~

© Alle Fotos Renato Biscaro