~Hans Ormund Bringolf: Ein Offizier und Abenteurer wie er leibt und lebte~

Der Kulturverein Hallau hat sich im Rahmen der „erzählzeit ohne grenzen“ am letzten Donnerstag im Weinmuseum Hallau um Hans Bringolf verdient gemacht. Der Medienmann und Historiker Stephan Lütolf führte auf amüsante Weise durch das Leben des Leutnant Bringolf und die Medienfrau Mona Vetsch las aus gut recherchierten Archivaufzeichnungen und dem Buch „Der Lebensroman des Leutnant Bringolf sel.“. Den Roman über sein Leben hat Hans Bringolf höchstpersönlich 1927 im Bürgerheim Hallau geschrieben. Da mich Hans Bringolf als bunter Paradiesvogel schon länger interessiert, war ich natürlich im Auditorium.

~Die Bergkirche inmitten der schönen Weinberge von Hallau: Die letzte Ruhestätte von Bringolf~

Wie kommt es, dass ich hier über einen längst Verstorbenen schreibe, der zudem ein Hasardeur, Scheckbetrüger, Hochstapler und windiger Weltenbummler war? Dieser Hans Ormund Bringolf war aber auch studiert, charmant und draufgängerisch. Er war Offizier und Diplomat in schweizerischen Diensten und wohl ein Frauenheld. Er ist das perfekte Abbild eines Menschen, der die höchsten Höhen und Tiefen erlebt hat. Sein Leben war Welttheater schlechthin. Also ist er interessant.

~Das Grab im Westen des Friedhofs: Schöne Aussicht auf das ungeliebte Hallau~

1876 wird er im mondänen Kurort Baden-Baden geboren. Von einem reichen Kavallerie-Oberst und Unternehmer der Schweiz gezeugt und von einer viel zu jungen russischen Mutter empfangen, mischen sich sein Blut und seine Gene zu einem gefährlichen Cocktail. Seinem Elternhaus in Schaffhausen, das eine zänkerische Schlangengrube war, entflieht er zur Reifeprüfung nach Neuenburg. Danach studiert er in Heidelberg, Innsbruck, Wien, Rom und Berlin. Studiert wurde damals selten. Vielmehr wurde in Studentenverbindungen gezecht, gerauft und angegeben. Hans Bringolf entwickelt früh seinen Hang zur Verschwendungssucht und Angeberei. Er verprasst das Erbe seines Vaters, der sein erster Freund, aber auch Kritiker war. Seine schlichte Dissertation von 38 Seiten zum Dr. jur. verfasste er 1899 mit Hilfe eines bezahlten Einpaukers. Aber sein Herz gehörte schon früh dem Militär. Er unterbricht sein Studium immer wieder durch Militärdienste und Truppenübungen in der Schweiz. Aus dieser Zeit stammt auch sein Spitzname „Leutnant Bringolf selig“. Als Kavallerist ritt er so ungestüm drauflos, dass er ein übers andere Mal vermisst wurde. Schnell wird er Militärattaché in schweizerischen Diensten; in Berlin, Paris und Wien. Er gibt rauschende Bankette mit Goldplättchen als Suppeneinlage und füttert seine Hunde mit feinsten Beefsteaks.

~Hans Bringolf: Militärattaché, Großer Legionär in drei Erdteilen, Schriftsteller~

Um der Nachstellung seiner Gläubiger zu entkommen, heiratet er Alice Honegger, die Tochter eines reichen, angesehenen Industriellen. Wegen Scheckbetrugs als Militärattaché entlassen, gibt er sich nun nicht mehr als Sohn des Oberst Bringolf aus Hallau aus, sondern als illegitimer Spross eines russischen Prinzen. Als der Schwindel auffliegt, strafen ihn seine Frau mit Tränen und der reiche Honegger mit kalter Missachtung. Nun beginnt eine Irrfahrt Bringolfs unter falschem Namen als angeblicher Armeeinstruktor, Bahninspektor oder Silberminenbesitzer in Mittel- und Nordamerika. Zechprellend bleibt er seinem Lebensmotto treu, mehr sein zu sein als er ist. Er tritt in die amerikanische Armee ein und kommandiert von 1906 bis 1908 ein US-Polizeitrupp-Kontingent auf den Philippinen. Seine Husarenart ist jedoch nicht lange gefragt. Sein unruhiger Geist führt Hans Bringolf nun über drei Kontinente bis nach Südamerika. Da gibt es Revolutionen zuhauf. Er wird aber nicht Soldat, sondern etabliert sich mit gefälschten Papieren als „Legationsrat des Eidgenössischen Politischen Departements“. In Lima wird er inhaftiert. Zurück in Europa, nimmt er in Heidelberg als „Baron von Tscharner“ und „Alter Herr des Korps Guestphalia“ etliche Hotelbesitzer und Kommilitonen aus. Schon wieder sitzt er im Gefängnis. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs wird er Offizier in einem Marschregiment der französischen Fremdenlegion. Als „Löwe von Monastir“ erlangt er tollkühn besondere Berühmtheit. 1923 erhält er das Kreuz der Ehrenlegion. Nun glaubt er, die Schande seiner Jugend durch Blut und Tapferkeit ausgewischt zu haben. In zivilen Berufen ist er danach engagiert, aber letztlich erfolglos. Die Skandale der Vergangenheit holen in immer wieder ein. 1951 stirbt er im Bürgerheim Hallau. Er besitzt nach Abrechnung des Hallauer Waisenamtes ein Reinvermögen von Fr. 2,75. Und eine Kartonschachtel mit Orden und Tapferkeitsmedaillen.

~Wie in Golgatha: Ein deutsches Kriegsopfer links~

~Wie in Golgatha: Ein unbekannter Soldat rechts~